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INTERVIEW Christian Bernreiter, Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, steht in engem Kontakt mit der IHK Niederbayern. Infrastruktur ist sein tägliches Thema. Wir haben nachgefragt.

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© IHK Niederbayern IHK-Präsident Thomas Leebmann händigte Staatsminister Christian Bernreiter Ende 2024 die IHK-Resolution zur Infrastruktur aus.

Welche Erwartungen haben Sie beim Thema Verkehr und Infrastruktur an die neue Bundesregierung?

Wir haben die Koalitionsverhandlungen genutzt, um zentrale verkehrspolitische Anliegen Bayerns einzubringen – mit Erfolg. Das Wichtigste ist: Der Investitionsstau im Verkehrsbereich muss aufgelöst werden. Das geplante Sondervermögen für Infrastruktur ist ein zentraler Hebel, auch für die dringend notwendige Sanierung der Bahn. Der Bund steht in der Verantwortung, die Umsetzung voranzutreiben, und ein Gesetzentwurf sollte bis zur Sommerpause vorliegen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die nachhaltige Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs. Die Kosten steigen seit Jahren schneller als die Regionalisierungsmittel. Wir brauchen Lösungen, um Abbestellungen zu verhindern.

Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten dauern oft Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Wo sehen Sie Beschleunigungspotenzial?

Die lange Dauer liegt nicht nur an komplexen Verfahrensvorschriften, sondern vor allem an den umfangreichen materiell-rechtlichen Anforderungen – insbesondere im Umweltrecht. Viele Vorgaben sind EU-reguliert und erschweren zusätzlich. Um Planungsverfahren zu beschleunigen und dennoch Rechtssicherheit zu gewährleisten, muss hier angesetzt werden. So sollte zum Beispiel das Verbandsklagerecht auf ein vernünftiges Mindestmaß begrenzt werden, um formale Klagen zu vermeiden, die wertvolle Zeit kosten.

Es gibt auch in Niederbayern viel Handlungsbedarf in Sachen Infrastruktur – zu nennen sind hier etwa der Lückenschluss der A94 oder der Ausbau der A3. Was sind darüber hinaus aus Ihrer Sicht die drängendsten verkehrspolitischen Zukunftsprojekte?

Eine leistungsfähige Infrastruktur ist entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung Niederbayerns und die Anbindung an deutsche und europäische Zentren, v.a. im ländlichen Raum. Im Straßenbereich besteht Handlungsbedarf: Der Lückenschluss der A 94, der sechsstreifige Ausbau der A 3 bei Deggendorf sowie die Generalsanierung der A 92 und A 93 müssen zügig durch die Autobahn GmbH des Bundes fortgeführt werden. Insgesamt durchqueren vier Autobahnen die Region, und sie müssen an zentralen Abschnitten zukunftsfähig ausgebaut werden. Auch der Schienen-
verkehr spielt eine bedeutende Rolle: Für die Strecke Landshut-Plattling investieren wir freiwillig über 23 Millionen Euro in die Planung. Bei der anstehenden Generalsanierung der Strecke
Nürnberg-Regensburg-Passau fordern wir vom Bund zusätzliche kapazitätssteigernde Maßnahmen, insbesondere den Einbau des europäischen Zugsicherungssystems ETCS. Zudem gewinnt die Wasserstraße als klimafreundlicher Verkehrsträger an Bedeutung.

Um das Verkehrsaufkommen auf den Straßen zu reduzieren, müssen Verkehre auf die Schiene oder Wasserstraße verlagert werden. Wie können Schiene und Wasserstraße als Alternativen zur Straße gestärkt werden?

Um den Straßenverkehr zu entlasten, müssen Güter vermehrt auf Schiene und Wasserstraße verlagert werden. Erfolgsfaktoren sind eine moderne Infrastruktur, ein flächendeckendes Netz von Umschlagterminals für den Kombinierten Verkehr sowie ein reibungsloser grenzüberschreitender Schienengüterverkehr. Hier setzt das Bayerische Güterverkehrskonzept an: Gemeinsam mit der Branche entwickeln wir Lösungen für einen effizienten und nachhaltigen Warenverkehr. Digitalisierung und technologische Innovationen stärken Schiene und Kombinierten Verkehr und machen sie wettbewerbsfähiger. Auch der Donauausbau ist ein zentraler Bestandteil: Zwischen Straubing und Deggendorf ist er bereits im Bau. Ich dränge auf den Planfeststellungsbeschluss für den zweiten Bauabschnitt, mit dem Schiffbarkeit und Hochwasserschutz gleichermaßen gestärkt werden.

Stichwort Multimodalität: Welche Maßnahmen planen Sie, um die Verkehrsträger miteinander zu vernetzen?

Der Freistaat bringt die wesentlichen Akteure zusammen, etwa durch Verbundraumerweiterungen, die Allianz „Mobile Zukunft München“ oder die „Logistik-Initiative Bayern“, um gemeinsam Mobilität von morgen zu gestalten. Um den Übergang zwischen den Verkehrsträgern zu erleichtern, fördern wir praktische Lösungen wie Fahrradabstellanlagen an ÖPNV-Haltestellen. Mit der Mobilitätsplattform Bayern streben wir zudem die digitale Vernetzung der Akteure, eine durchgängige elektronische Fahrgastinformation sowie digitale Vertriebswege an. Wir unterstützen auch Güterverkehrszentren, die den Warenverkehr bündeln und so die Vernetzung der Verkehrsträger stärken. Leistungsfähige Terminals für den Kombinierten Verkehr sind dafür unverzichtbar.

Artikelnr: 271850